Rotstift für den Oberbürgermeister
Eigentlich sollte die Verabschiedung des Haushalts der Stadt Mayen im Mittelpunkt der Sondersitzung des Stadtrats stehen. Am vergangenen Samstag hatten die Parteien von CDU, SPD, FDP, Grüne und die Freien Wähler Mayen zu einer gemeinsamen Kundgebung zum Bekenntnis für Demokratie und Menschenrechte und gegen jeglichen Extremismus und Rassismus auf dem Mayener Markplatz aufgerufen. Ein überwältigender Zuspruch aus der Bevölkerung setzte ein starkes Zeichen für unsere gesellschaftlichen Werte einzustehen. Nun wollte der Stadtrat in einer gemeinsam getragenen Resolution dies noch einmal bekräftigen. Unter demokratischen Gesichtspunkten eine Selbstverständlichkeit. Allerdings konnten die Mitglieder der AFD-Fraktion im Rat nach einer sehr heftigen geführten Debatte die Resolution nicht akzeptieren. Auch eine erkennbare Abkehr der hiesigen AFD-Vertreter von den rechtsextremistischen Strömungen innerhalb der AFD-Landes- und Bundesgruppierungen oder den hasserfüllten Facebook-Posts des AFD-Kreisverbandes Mayen-Koblenz war zu keiner Zeit erkennbar. Dieses Verhalten hat alle anderen Fraktionen im Rat bestürzt zurückgelassen.
Grund für die Sondersitzung des Stadtrates war allerdings die Verabschiedung des Haushaltes 2024. Eigentlich sollte das wie in den letzten Jahren üblich in der Dezembersitzung geschehen. Damals sah sich der Oberbürgermeister nicht in der Lage, einen von der Aufsichtsbehörde ADD geforderten ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren. Über Monate ging er mit einem Haushaltdefizit von über 7 Millionen Euro schwanger — wohlwissend, dass im Dezember über den Haushalt entschieden werden musste. Die Vertagungsentscheidung des Oberbürgermeisters halten wir daher damals wie heute für falsch. Fast die gesamte Haushaltsverbesserung, die über die Weihnachtstage in das Zahlenwerk eingebaut wurde, beruht auf zwei Faktoren: Veräußerung des Tafelsilbers in erheblichem Ausmaß (verschiedene Grundstücksflächen) und kalkulierte Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer in Höhe von 3,6 Millionen Euro. Alles Weitere sind eher marginale Verschiebungen, Wunschdenken, Einarbeitung lange bekannter Fakten und Nachholen vergessener Positionen, für die es sicherlich nicht einer erneuten Stadtratssitzung bedurft hätte. Das einzig Gute für die Bürgerinnen und Bürger am vorliegenden Entwurf ist, dass auf Steuererhöhungen (zumindest im Haushalt 2024) verzichtet wird.
Wenn man beispielhaft die jüngsten Veröffentlichungen zu den wahrscheinlichen Ergebnissen der aktuellen Grundsteuerreform zur Kenntnis nimmt, ist mit einer erheblichen Verschiebung des Grundsteueraufkommens hin zu privatem Grundeigentum zu rechnen. Eine Veränderung des Hebesatzes wird die Folge sein müssen. Daher ist es auch nicht zielführend, heute oder auch später im Jahr die Hebesätze der Grundsteuer anzuheben oder darüber zu fabulieren. Auch eine Erhöhung der Gewerbesteuer bei einem Rekordaufkommen von über 20 Millionen Euro verbietet sich in der jetzigen, fragilen wirtschaftlichen Lage. Dass derart hohe Gewerbesteuereinnahmen nicht ausreichen, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, deutet klar auf ein Ausgabeproblem und eher nicht auf ein Einnahmeproblem hin. Benjamin Franklin sagte einst: „Hüte dich vor kleinen Ausgaben. Ein kleines Leck kann ein großes Schiff zum Sinken bringen.“ In Mayen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass man sich weniger um das Flicken der Löcher im Schiffsrumpf kümmert, sondern eher neue Pumpen kauft, um das Schiff vor dem Sinken zu bewahren. Man hätte nach den Ankündigungen des Oberbürgermeisters in der Dezembersitzung eigentlich klare Einsparvorschläge erwartet, was allerdings nicht geschehen ist. Stattdessen entstand ein unkonkreter, teils unsauber formulierter Maßnahmenkatalog zur Haushaltskonsolidierung, der einige Absichten in den Raum stellte, belastbare Zahlen oder ein sinnhaftes Abwägen von Rahmenbedingungen aber vermissen ließ.
Aus diesen Gründen konnte die CDU-Fraktion dem von Oberbürgermeister Meid vorgelegten Zahlenwerk nicht zustimmen und enthielt sich geschlossen. Neben dem grundlegenden Haushaltsplan standen zwei weitere Teilaspekte zur Abstimmung. Der Aufnahme der Investitionskredite in Höhe von knapp 10 Millionen Euro konnten wir zustimmen, da wir die allermeisten geplanten Investitionen für sinnvoll oder unabwendbar halten. Bespielhaft hierfür steht die bereits angelaufene Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik. Hier ist mit einer Amortisationszeit von wenigen Jahren zu rechnen und zugleich mit positiven Effekten auf die städtische CO2-Bilanz. Den sodann zur Abstimmung gebrachten Maßnahmenkatalog zur Haushaltskonsolidierung, lehnte die CDU-Fraktion hingegen ab. Das zweiseitige Papier enthielt so viele Punkte, deren Ausrichtung die CDU-Fraktion ohne belastbare Fakten, ohne umfassende demokratische Beratung in den zuständigen Gremien und ohne Beteiligung der Betroffenen unmöglich vertreten kann. Zu glauben, dass wir bei einem entsprechenden Beschluss und Versand des Papiers an die ADD „später über jede Maßnahme nochmal völlig ergebnisoffen diskutieren können“, geht aus unserer Sicht an der Realität vorbei. Bei leider weiterhin zu erwartenden negativen Haushaltsansätzen hält die CDU-Fraktion es für sicher, dass die ADD die Stadt Mayen dann zur Umsetzung der im Maßnahmenplan vermerkten Punkte automatisch auffordert. Daher müssen diese wohl überlegt und fundiert sein. Jetzt schon Steuererhöhungen (Grund- und Gewerbesteuer) für 2025 anzukündigen, gleichzeitig deutliche Einschnitte beim Schwimmbad, den Burgfestspielen, der Bücherei, den Museen, den Beteiligungsgremien und dem Jugendhaus ohne fundierte Auseinandersetzung mit dem Papier in Aussicht zu stellen und damit quasi zu beschließen ist der falsche Weg!
Um es klar zu sagen: Die CDU-Fraktion sieht ausdrücklich die Notwendigkeit einer umfassenden und sicher auch schmerzhaften Auseinandersetzung mit allen städtischen Ausgaben, selbstredend gerade auch mit den sog. Freiwilligen Aufgaben. Wir sind gerne zur Diskussion zu diesen Themen bereit und stehen weiter zum Dialog zur Verfügung. Wichtige Voraussetzung sind dafür allerdings, klare Definitionen der Ziele, die die Einrichtungen erfüllen sollen, eine vorgeschlagene Priorisierung seitens des Oberbürgermeisters und vor allem belastbare Zahlen zu den möglichen Einsparungen.
Damit es bei der Aufstellung des nächsten Haushalts besser funktioniert und der Stadtrat nicht noch einmal nachsitzen muss, schenkte der Fraktionsvorsitzende der CDU, Christoph Rosenbaum, dem Oberbürgermeister zum Abschluss seiner Haushaltsrede einen Rotstift. Nicht um fortan weiter „Rote Zahlen“ zu schreiben, sondern um den Rotstift bei den Ausgaben anzusetzen. Es bleibt eine gemeinsame Aufgabe aller Beteiligten, die schwierige haushalterische Situation bei unzureichender Aufgabenfinanzierung seitens des Landes zu gestalten.