5. Febru­ar 2024

Rotstift für den Oberbürgermeister

Eigent­lich soll­te die Ver­ab­schie­dung des Haus­halts der Stadt May­en im Mit­tel­punkt der Son­der­sit­zung des Stadt­rats ste­hen. Am ver­gan­ge­nen Sams­tag hat­ten die Par­tei­en von CDU, SPD, FDP, Grü­ne und die Frei­en Wäh­ler May­en zu einer gemein­sa­men Kund­ge­bung zum Bekennt­nis für Demo­kra­tie und Men­schen­rech­te und gegen jeg­li­chen Extre­mis­mus und Ras­sis­mus auf dem Maye­ner Mark­platz auf­ge­ru­fen. Ein über­wäl­ti­gen­der Zuspruch aus der Bevöl­ke­rung setz­te ein star­kes Zei­chen für unse­re gesell­schaft­li­chen Wer­te ein­zu­ste­hen. Nun woll­te der Stadt­rat in einer gemein­sam getra­ge­nen Reso­lu­ti­on dies noch ein­mal bekräf­ti­gen. Unter demo­kra­ti­schen Gesichts­punk­ten eine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Aller­dings konn­ten die Mit­glie­der der AFD-Frak­­ti­on im Rat nach einer sehr hef­ti­gen geführ­ten Debat­te die Reso­lu­ti­on nicht akzep­tie­ren. Auch eine erkenn­ba­re Abkehr der hie­si­gen AFD-Ver­­­tre­­ter von den rechts­extre­mis­ti­schen Strö­mun­gen inner­halb der AFD-Lan­­des- und Bun­des­grup­pie­run­gen oder den hass­erfüll­ten Face­­book-Posts des AFD-Kreis­­ver­­­ban­­des May­en-Koblenz war zu kei­ner Zeit erkenn­bar. Die­ses Ver­hal­ten hat alle ande­ren Frak­tio­nen im Rat bestürzt zurückgelassen.

Grund für die Son­der­sit­zung des Stadt­ra­tes war aller­dings die Ver­ab­schie­dung des Haus­hal­tes 2024. Eigent­lich soll­te das wie in den letz­ten Jah­ren üblich in der Dezem­ber­sit­zung gesche­hen. Damals sah sich der Ober­bür­ger­meis­ter nicht in der Lage, einen von der Auf­sichts­be­hör­de ADD gefor­der­ten aus­ge­gli­che­nen Haus­halt zu prä­sen­tie­ren. Über Mona­te ging er mit einem Haus­halt­de­fi­zit von über 7 Mil­lio­nen Euro schwan­ger — wohl­wis­send, dass im Dezem­ber über den Haus­halt ent­schie­den wer­den muss­te. Die Ver­ta­gungs­ent­schei­dung des Ober­bür­ger­meis­ters hal­ten wir daher damals wie heu­te für falsch. Fast die gesam­te Haus­halts­ver­bes­se­rung, die über die Weih­nachts­ta­ge in das Zah­len­werk ein­ge­baut wur­de, beruht auf zwei Fak­to­ren: Ver­äu­ße­rung des Tafel­sil­bers in erheb­li­chem Aus­maß (ver­schie­de­ne Grund­stücks­flä­chen) und kal­ku­lier­te Mehr­ein­nah­men bei der Gewer­be­steu­er in Höhe von 3,6 Mil­lio­nen Euro. Alles Wei­te­re sind eher mar­gi­na­le Ver­schie­bun­gen, Wunsch­den­ken, Ein­ar­bei­tung lan­ge bekann­ter Fak­ten und Nach­ho­len ver­ges­se­ner Posi­tio­nen, für die es sicher­lich nicht einer erneu­ten Stadt­rats­sit­zung bedurft hät­te. Das ein­zig Gute für die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger am vor­lie­gen­den Ent­wurf ist, dass auf Steu­er­erhö­hun­gen (zumin­dest im Haus­halt 2024) ver­zich­tet wird.

Wenn man bei­spiel­haft die jüngs­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen zu den wahr­schein­li­chen Ergeb­nis­sen der aktu­el­len Grund­steu­er­re­form zur Kennt­nis nimmt, ist mit einer erheb­li­chen Ver­schie­bung des Grund­steu­er­auf­kom­mens hin zu pri­va­tem Grund­ei­gen­tum zu rech­nen. Eine Ver­än­de­rung des Hebe­sat­zes wird die Fol­ge sein müs­sen. Daher ist es auch nicht ziel­füh­rend, heu­te oder auch spä­ter im Jahr die Hebe­sät­ze der Grund­steu­er anzu­he­ben oder dar­über zu fabu­lie­ren. Auch eine Erhö­hung der Gewer­be­steu­er bei einem Rekord­auf­kom­men von über 20 Mil­lio­nen Euro ver­bie­tet sich in der jet­zi­gen, fra­gi­len wirt­schaft­li­chen Lage. Dass der­art hohe Gewer­be­steu­er­ein­nah­men nicht aus­rei­chen, einen aus­ge­gli­che­nen Haus­halt auf­zu­stel­len, deu­tet klar auf ein Aus­ga­be­pro­blem und eher nicht auf ein Ein­nah­me­pro­blem hin. Ben­ja­min Frank­lin sag­te einst: „Hüte dich vor klei­nen Aus­ga­ben. Ein klei­nes Leck kann ein gro­ßes Schiff zum Sin­ken brin­gen.“  In May­en kann man sich des Ein­drucks nicht erweh­ren, dass man sich weni­ger um das Fli­cken der Löcher im Schiffs­rumpf küm­mert, son­dern eher neue Pum­pen kauft, um das Schiff vor dem Sin­ken zu bewah­ren. Man hät­te nach den Ankün­di­gun­gen des Ober­bür­ger­meis­ters in der Dezem­ber­sit­zung eigent­lich kla­re Ein­spar­vor­schlä­ge erwar­tet, was aller­dings nicht gesche­hen ist. Statt­des­sen ent­stand ein unkon­kre­ter, teils unsau­ber for­mu­lier­ter Maß­nah­men­ka­ta­log zur Haus­halts­kon­so­li­die­rung, der eini­ge Absich­ten in den Raum stell­te, belast­ba­re Zah­len oder ein sinn­haf­tes Abwä­gen von Rah­men­be­din­gun­gen aber ver­mis­sen ließ.

Aus die­sen Grün­den konn­te die CDU-Frak­­ti­on dem von Ober­bür­ger­meis­ter Meid vor­ge­leg­ten Zah­len­werk nicht zustim­men und ent­hielt sich geschlos­sen. Neben dem grund­le­gen­den Haus­halts­plan stan­den zwei wei­te­re Teil­aspek­te zur Abstim­mung. Der Auf­nah­me der Inves­ti­ti­ons­kre­di­te in Höhe von knapp 10 Mil­lio­nen Euro konn­ten wir zustim­men, da wir die aller­meis­ten geplan­ten Inves­ti­tio­nen für sinn­voll oder unab­wend­bar hal­ten. Bespiel­haft hier­für steht die bereits ange­lau­fe­ne Umrüs­tung der Stra­ßen­be­leuch­tung auf LED-Tech­­nik. Hier ist mit einer Amor­ti­sa­ti­ons­zeit von weni­gen Jah­ren zu rech­nen und zugleich mit posi­ti­ven Effek­ten auf die städ­ti­sche CO2-Bilanz. Den sodann zur Abstim­mung gebrach­ten Maß­nah­men­ka­ta­log zur Haus­halts­kon­so­li­die­rung, lehn­te die CDU-Frak­­ti­on hin­ge­gen ab. Das zwei­sei­ti­ge Papier ent­hielt so vie­le Punk­te, deren Aus­rich­tung die CDU-Frak­­ti­on ohne belast­ba­re Fak­ten, ohne umfas­sen­de demo­kra­ti­sche Bera­tung in den zustän­di­gen Gre­mi­en und ohne Betei­li­gung der Betrof­fe­nen unmög­lich ver­tre­ten kann. Zu glau­ben, dass wir bei einem ent­spre­chen­den Beschluss und Ver­sand des Papiers an die ADD „spä­ter über jede Maß­nah­me noch­mal völ­lig ergeb­nis­of­fen dis­ku­tie­ren kön­nen“, geht aus unse­rer Sicht an der Rea­li­tät vor­bei. Bei lei­der wei­ter­hin zu erwar­ten­den nega­ti­ven Haus­halts­an­sät­zen hält die CDU-Frak­­ti­on es für sicher, dass die ADD die Stadt May­en dann zur Umset­zung der im Maß­nah­men­plan ver­merk­ten Punk­te auto­ma­tisch auf­for­dert. Daher müs­sen die­se wohl über­legt und fun­diert sein. Jetzt schon Steu­er­erhö­hun­gen (Grund- und Gewer­be­steu­er) für 2025 anzu­kün­di­gen, gleich­zei­tig deut­li­che Ein­schnit­te beim Schwimm­bad, den Burg­fest­spie­len, der Büche­rei, den Muse­en, den Betei­li­gungs­gre­mi­en und dem Jugend­haus ohne fun­dier­te Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Papier in Aus­sicht zu stel­len und damit qua­si zu beschlie­ßen ist der fal­sche Weg!

Um es klar zu sagen: Die CDU-Frak­­ti­on sieht aus­drück­lich die Not­wen­dig­keit einer umfas­sen­den und sicher auch schmerz­haf­ten Aus­ein­an­der­set­zung mit allen städ­ti­schen Aus­ga­ben, selbst­re­dend gera­de auch mit den sog. Frei­wil­li­gen Auf­ga­ben. Wir sind ger­ne zur Dis­kus­si­on zu die­sen The­men bereit und ste­hen wei­ter zum Dia­log zur Ver­fü­gung. Wich­ti­ge Vor­aus­set­zung sind dafür aller­dings, kla­re Defi­ni­tio­nen der Zie­le, die die Ein­rich­tun­gen erfül­len sol­len, eine vor­ge­schla­ge­ne Prio­ri­sie­rung sei­tens des Ober­bür­ger­meis­ters und vor allem belast­ba­re Zah­len zu den mög­li­chen Einsparungen.

Damit es bei der Auf­stel­lung des nächs­ten Haus­halts bes­ser funk­tio­niert und der Stadt­rat nicht noch ein­mal nach­sit­zen muss, schenk­te der Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de der CDU, Chris­toph Rosen­baum, dem Ober­bür­ger­meis­ter zum Abschluss sei­ner Haus­halts­re­de einen Rot­stift. Nicht um fort­an wei­ter „Rote Zah­len“ zu schrei­ben, son­dern um den Rot­stift bei den Aus­ga­ben anzu­set­zen. Es bleibt eine gemein­sa­me Auf­ga­be aller Betei­lig­ten, die schwie­ri­ge haus­hal­te­ri­sche Situa­ti­on bei unzu­rei­chen­der Auf­ga­ben­fi­nan­zie­rung sei­tens des Lan­des zu gestalten.